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Textbearbeitungen - Regiebegleitung

Erste Besprechung mit der Regie

Natürlich sind Sie, der Dramaturg/die Dramaturgin, mit dem Regisseur/der Regisseurin ständig im Kontakt, ständig im Gespräch über die kommende Produktion. Aber dann gibt es doch die erste Produktionsbesprechung und es wird jetzt ernst: Welche Ideen, welche ersten Gedanken zur Konzeption stellt die Regie vor, welche Interpretation des Stoffes verfolgt die Regie?

Sie haben sich bestens vorbereitet, haben recherchiert im Internet, haben Sekundärliteratur besorgt und halten Hintergrundmaterial zur geschichtlichen Einordnung des Stoffes bereit und haben die Aufführungsgeschichte des Theaterstückes bei der Verweis auf... Theatersammlung Hamburg  oder dem Verweis auf... Theatermuseum München  besorgt. Das gleiche hat die Regie natürlich auch vorbereitet, und nun ergänzen Sie sich gegenseitig.

Die beste Besetzung muß besprochen werden. Sie hatten sich ja vor der Entscheidung für dieses Stück schon der Mitwirkung der Darsteller versichert, aber jetzt muß man die Besetzung überdenken und feste Zusagen machen. Die letzte Entscheidung über die Besetzung der Rollen sollte bei der Regie liegen.

Wenn es bei Ihnen nicht den Spielleiter in Personalunion mit dem Dramaturgen (und vielen weiteren Theaterjobs) gibt, dann genießen Sie die Zusammenarbeit, die Möglichkeiten der gemeinsamen Vorgespräche zu einer kreativen Arbeit. Denn es soll eine Konzeption für die anstehende Theaterproduktion erarbeitet werden und hier arbeiten Dramaturgie und Regie eng zusammen, fördern gegenseitig den Gedanken, die Perspektive auf den Gegenstand. Der Theatertext wird analysiert, es wird über Kürzungen, über Striche nachgedacht.


Regeln für die Textbearbeitung

Wenn Sie nichts gegenteiliges, branchenunübliches mit dem Theaterverlag vereinbart haben, dann gelten folgende Regeln für den Umgang mit dem Theatertext:
  • Das Regieteam und die Dramaturgie dürfen Kürzungen, sogenannte Striche, im Text vornehmen, so lange nicht der Inhalt des Stückes, oder der betreffenden Szene, dadurch verfälscht wird.
  • Es dürfen Szenenabfolgen nur geändert werden, d.h. Umstellungen in der Abfolge der Szenen vorgenommen werden, wenn der Inhalt des Stückes dadurch nicht verfälscht wird.
  • Es dürfen keine textlichen Hinzufügungen vorgenommen werden, wenn dafür nicht eine ausdrückliche (schriftliche) Genehmigung des Verlages vorliegt. Halbworte, Laute, Verdopplungen, Wiederholungen gelten in der Regel als Spielmaterial der Darsteller. Aber ein Satz, auch nur ein sehr kurzer, darf nicht hinzugefügt werden.

Also vorsicht mit einer Kollage aus Texten noch lebender Autoren. Lassen Sie sich das unbedingt von den Verlagen absegnen. Und die Brecht-Erben sind auch nicht ohne! Aber sie haben auch Recht, denn sie schützen so das Werk eines ganz Großen. Die Urheberrechte der Autoren und die daraus abgeleiteten Aufführungsrechte sind maßgeblich zum Schutze des geistigen Eigentums eingerichtet und somit richtig.


Wie gehe ich an die Textbearbeitung heran?

Am besten haben Sie den Theatertext nicht nur mehrfach gelesen, sondern auch analysiert, d.h. Sie haben sich inhaltliche Auszüge erarbeitet, vielleicht eine grafische Übersicht der Gliederungen des Textes, also ein Abbild der Akt- und Szenenfolge. Sie haben sich eine "Landkarte" des Theaterstücks erarbeitet und kennen sich in der Geografie dieser Landschaft sehr gut aus. Sie haben einen Auszug der Rollen vorliegen (der von der Regie parallel erarbeitet wurde) und wissen daher genau wann wer auftritt oder abgeht.

Diese Übersichten befähigen Dramaturgie und Regie, die Abfolge des Theaterabends zu überblicken: Längen im Text festzustellen oder die Höhepunkte, die "heißen Stellen", zu beurteilen, und dadurch die Tempiwechsel und den Gestus der jeweiligen Szene, des Aktes einschätzen zu können.

Nun sind Sie sicherer beim Streichen. Sie können sich von diesem Satz, von jener Wiederholung oder diesem ablenkenden, unnötigen und den Fluß der Handlung nur aufhaltenden Nebenthema getrost verabschieden, ohne einen Verlust für Ihre Theaterarbeit herzustellen. Bedenken Sie aber: was erst mal gestrichen ist, wird nur in den seltensten Fällen wieder "auf gemacht", wie man so sagt. Einmal gestrichen ist aus dem Sinn. Nur sehr aufmarksame Dramaturgen / Regisseure prüfen im Verlauf der Probenarbeit die Striche und holen Versunkenes doch wieder hervor. Das kann sehr sinnvoll sein, weil Sie im Verlauf der Probenarbeit z.B. im zuvor geopferten Nebenthema eine hervorragende Möglichkeit entdeckten, die Hintergrundgeschichte einer Figur, ihre Biografie, ihr tieferes Geheimnis, zu erzählen.

Armer Spielleiter, der das alles, womöglich alleine, erarbeiten muß und keinen Gesprächspartner hat. Nehmen Sie in diesem (häufigen) Fall die Darsteller früh in den Prozess der Konzeptionierung mit hinein. Man muß sich austauschen können, die Auseinandersetzung suchen. Nicht jeder kann einsam kreativ sein - da bewundere ich die Maler und Bildhauer - aber die haben ja ihre Musen. Die Behauptung, dass nur im Leiden (der arme Poet) die Kraft für Kreatives, Schöpferisches lliegen würde, halte ich für überholt und unzeitgemäß.


Begleitung der Regiearbeit durch die Dramaturgie

Durch die enge gemeinsame Vorbereitungszeit können Sie die Regie von der ersten Leseprobe an, auch erste Orientierungsprobe mit den Darstellern genannt, begleiten und die Konzeption gegenübern den Darstellern und dem technischen Team mit vertreten. Dabei sind Sie sich mit der Regie einig, dass keine Konzeption, sei sie auch noch so schlüssig, die Premiere unverändert erreicht. D.h. es muß ein lebendiger Prozess bleiben und die Konzeption ist nur wirklich gut, wenn sie und die sie Vertretenden mit der Probenarbeit, den neuen Gegebenheiten und Erkenntnissen, weiter wachsen können.

Die Dramaturgie sammelt wärend der gesamten Probenzeit weiteres Material, auch Bildmaterial, sinnvolles, abwegiges oder so erscheinendes und stellt es dem Regieteam zur Verfügung. Sie besuchen die Proben und bleiben mit der Regie im ständigen Gespräch über den Fortgang der Produktion. Seien Sie der Regie ein wohlwollend kritissches, d.h. über die Kriterien der Inszenierungskonzeption verfügendes, Spiegelbild, ein Gesprächspartner, ein Streitpartner wenn es denn sein muß.

Die höchste Verantwortung der Theaterschaffenden liegt in der Treue zur konzeptionellen Entscheidung, sei es für die Werktreue gegenüber dem Text oder für die mutige eigene Interpretation, und in dem zu erwirtschaftenden Bedeutungsüberschuß der für die Rezeption des Zuschauers und für das Kunstwerk, und für die Begegnung beider, so wichtig ist.


Bevor Sie mit der Querverweis auf... Redaktion des Programmheftes beginnen, wird die Querverweis auf... Inszenierung Sie in Anspruch nehmen.


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